Das Projekt BIODIGITOP
ZIMMERMANN A. & TALKER H. 1996. Das Projekt "BIODIGITOP". - Sauteria 8: 305-314.
DAS PROJEKT "BIODIGITOP"
Project "Biodigitop"
Schlagwörter: Biotopkartierung Steiermark, EDV, GIS.
Key words: Mapping of biotops in Styria, EDV, GIS.
Zusammenfassung: Ausgehend vom gegenwärtigen Stand der "Biotopkartierung Steiermark" werden zweckmäßige Erweiterungen, die zum Projekt Biodigitop geführt haben, vorgestellt. Das Projekt umfaßt
1. die Aktualisierung des älteren Datenbestandes mittels Geländebegehung und Luftbildkontrolle
2. eine vielseitig auswertbare EDV-Bearbeitung des aktualisierten Datenbestandes
3. Kartendarstellung der Biotope mit Hilfe eines GIS
4. Fortschreibung und flächenscharfe Ergänzung des vorliegenden Datenbestandes.
Biodigitop hätte somit zentrale Aufgaben als Eingangs-, Verwaltungs- und Auswertungsstelle für eine Biotop-Datenbank des Bundeslandes Steiermark zu erfüllen.
Summary: Proceeding from the actual situation of the project "Biotopkartierung Steiermark" (the mapping of biotops needing protection in Styria) the necessary extensions which led to the project BIODIGITOP are discussed. The project includes in essence a many-sided evaluation of the existing and expected extensive data by computer application.
1. Einleitung
Vor rund 15 Jahren wurde in der Steiermark nach verschiedenen Vorlaufprojekten mit einer landesweiten Erhebung schutzwürdiger Biotope unter der Kurzbezeichnung "Biotopkartierung Steiermark" begonnen (OTTO 1985, UBA 1987). Die Koordination des Projektes oblag den mit der Materie vertrauten Abteilungen der Steiermärkischen Landesregierung (Raumplanung, Naturschutz).
Vorläufiges Ergebnis der damaligen Kartierungsarbeiten sind rund 1.200 Biotop-Formblätter ("Erhebungsbögen"), die nach bestimmten Vorgaben (s. UBA 1987) sogenannte "ökologische Vorbehaltsflächen" charakterisieren. Dazu kommen rund 600 weitere Flächen, die im Rahmen anderer Projekte (Auwaldkartierung, Moorerhebung u.a.) erfaßt worden sind.
Ein rationelles Arbeiten mit dieser Informationsfülle ist auf eine EDV-gestützte Datenverwaltung angewiesen. Dieser Umstand führte zu einem gemeinsam mit amtlichen Stellen entwickelten Konzept, das in der Folge kurz als BIODIGITOP bezeichnet wurde (Näheres hierzu in BAIER, TALKER & ZIMMERMANN 1992, ZIMMERMANN 1993). Die Projektleitung wurde dem Erstautor dieses Berichtes übertragen.
Für Anregungen und Diskussionen in der Anlaufphase des Projektes bzw. für kritische Sichtung einiger Codelisten und sonstige Unterstützung danken wir vor allem dem Auftraggeber, Herrn DI.Dr. Jörg STEINBACH (posthum), sowie den Herren OBR.Dr. H. OTTO, DI. R. HÜTTER und OBR.DI .J. KITZMÜLLER.
2. Projektablauf und Zwischenergebnis
2.1. Aktualisieren der Ausgangsdaten
Diese erste Stufe des Projektes umfaßt eine Revision von rd. 1.200 Biotopen im Gelände auch unter Zuhilfenahme von Luftbildern aus dem Zeitraum der Ersterfassung. Hieran waren 7 vertragspflichtige Mitarbeiter beteiligt.
Mit dem hiefür entworfenen "Biotopüberprüfungsblatt" konnte rationell gearbeitet werden, sodaß, wie vorgesehen, die Revision Ende 1991 abgeschlossen werden konnte. Teilergebnisse wurden von einer der Arbeitsgruppen bereits publiziert (SCHLACHER, STELZL & TRATTNIG 1993). Eine umfassendere Analyse wird zur Zeit vorbereitet.
2.2 Speichern und Auswerten des aktualisierten Datenbestandes
Für die Verarbeitung des bisher vorliegenden und künftigen Datenvolumens wurde von Fa. SCHACHNER & SCHLEMMER (Weiz) in Zusammenarbeit mit dem Erstautor ein dem Aufnahmestandard speziell angepaßtes (aber dennoch weitgehend universell einsetzbares) PC-Programm entwickelt (Biodigitop im engeren Sinn, zweite Projektstufe); schon vorliegende Erfahrungen (z.B. DURWEN & ZEUGNER 1986, HARTL 1987) erleichterten das Vorhaben. Mit Hilfe dieses Programmes können über vorher festgelegte Codes Informationen zu folgenden Erhebungsinhalten rasch abgerufen, nach Erfordernis sortiert und mannigfach untereinander verknüpft werden:
- zu topographischen und administrativen Daten
- zu ökologischen Rahmenbedingungen (Geofaktoren)
- zum Kartierungsobjekt selbst (z.B. Artenlisten)
- zu Zustandsgrößen (z.B. Nutzungsform, Gefährdung, Bewertung)
Gewissermaßen als "Nebeneffekt" sollte damit auch eine künftig einheitlich strukturierte Datenerhebung gewährleistet sein.
Insbesondere der selektiv arbeitende Verknüpfungsmodus bietet für Bilanzierungen (und damit für interpretative Auswertungsschritte) große Vorteile gegenüber einfacher konzipierten Erstmodellen. Eine diesbezügliche Schlüsselposition nehmen die schon erwähnten Code-Listen ein. Um brauchbare Ergebnisse zu gewährleisten, erfordert ihre Ausarbeitung vielseitiges Literaturstudium (Quellenangabe im PC-Programm unter "Information") und sorgfältiges Abwägen zwischen Praktikabilität und fachlicher Vertretbarkeit. Wiederum aus Gründen der Praktikabilität empfiehlt sich eine hierarchische Anordnung der Parameter (vgl. WILMANNS et al. 1978).
Die Code-Listen - zu einem Code-Katalog zusammengefaßt - beziehen sich auf 21 Grundmerkmale (Hauptcodes): AZ aktueller Biotopzustand - BM Bodenmerkmale - BO Bodentyp - BT Biotoptyp - BW Bewertung - FL Flächengrößenklasse - GE Geologie - GF Gefährdung - GM Gemeinde - KL Klimalandschaft - LK Lokalklima - MA Maßnahmen (zum Biotopschutz) - MO Geländemorphologie - NR Naturraum - NU Nutzungsform - PB Politischer Bezirk - PE Petrographie - SH Seehöhe (Vegetationsstufe) - SS Schutzstatus - UM Umfeld - VE Vegetation; wesentliche Ausschnitte davon wurden erst kürzlich publiziert (ZIMMERMANN 1993; hier auch Anmerkungen zu ähnlichen Versuchen).
Die Gliederung des PC-Programmes ist dem Ausdruck im Anhang zu entnehmen. Zur Artenliste einige Hinweise: Referenzen zur verwendeten Nomenklatur und zu den (an ostalpine Verhältnisse angepaßten) ökologischen Zeigerwerten finden sich im PC-Programm unter "Information". Über Mittelwertberechnungen lassen sich hinreichend eingrenzbare ökologische Aussagen zum Biotop treffen, sofern ein Mindestmaß an Homogenität der Aufnahme gegeben ist (die Möglichkeit einer bis zu fünfteiligen Untergliederung der Aufnahmefläche kommt dieser Anforderung entgegen).
Die - mit einer Plausibilitätskontrolle verbundene - PC-Eingabe der Daten für rund 1.200 Biotope (= 6.000 Druckseiten nach grober Schätzung) ist ebenfalls weitestgehend abgeschlossen.
2.3 Digitalisierung der Biotopflächen mit Attribut-Zuteilung
Eine digitale Verarbeitung hat den Vorteil, nahezu beliebige Querverbindungen zu anderen Raumplanungsebenen herstellen zu können. Die Möglichkeit, innerhalb kürzester Zeit ökologische Bilanzen zu erstellen, bringt zudem eine bedeutende Aufwertung der bisherigen Biotopkartierung als leistungsfähige Planungshilfe mit sich.
Zur exakten Umgrenzung der kartierten Flächen waren zeitlich entsprechende Luftbildserien zu beschaffen. Im Anschluß an die Luftbildauswertung erfolgte die Übertragung der Biotopumrisse auf Arbeitskarten 1 : 25.000, teilweise mit Hilfe eines Stereo Facet Plotters. Die fertigen Karten dienen als Digitalisierungsvorlage. Die Digitalisierung selbst wird im EDV-Referat der Steiermärkischen Landesregierung am dort installierten GIS durchgeführt (Näheres in BAIER, TALKER & ZIMMERMANN 1992).
Zur Verknüpfung der digitalisierten Flächen mit den für eine raumbezogene Auswertung wichtigen Attributen wurden nach ausführlichen Vorgesprächen folgende Codes ausgewählt (Bedeutung s. oben): AZ, BT, BW, GF, SH, SS (bestehend/empfohlen). Als Versuch zu werten ist die Zuweisung von Pufferzonen nach einer dem Biotoptyp angepaßten dreistufigen Skala sowie eine näherungsweise Zuordnung des Hemerobiegrades; die Zuverlässigkeit dieser beiden Parameter bedarf einer Überprüfung in der Praxis. Die Fertigstellung dieses Arbeitsganges (Stufe 3 des Projektes) ist - gleichsinnig mit der PC-Datenbank - für Ende 1994 vorgesehen.
3. Ausbau des Projektes
Die Anforderungen der Raumplanung an diverse Landschaftsinventare sind in den letzten Jahrzehnten keineswegs geringer geworden (siehe z. B. KLÖTZLI 1980, WILDI 1981, SUKOPP 1991). So werden neben einem immer vielfältigeren Angebot an spezifischer Software in zunehmendem Maß Methoden der Fernerkundung eingesetzt. Dem Mangel an geeigneten Arbeitskarten könnten in Zukunft vielleicht sogenannte "Bild-Strich-Karten" (ASCHENBRENNER 1994) abhelfen.
Vorläufig setzen Finanzierbarkeit, vor allem aber die Verfügbarkeit des technischen Aufwandes solchen Vorhaben noch enge Grenzen. Als Zwischenlösung bietet sich die flächendeckende Luftbildanalyse mit nachfolgender Geländeüberprüfung im praxisbezogenen Kartierungsmaßstab 1 : 10.000 an (ab dieser Maßstabsgröße etwa ist eine flächenscharfe Zuweisung des Kartierungsobjektes möglich).
Dies ist auch der wesentliche Inhalt des gegenwärtigen Projektausbaues, der 1993 unter der Bezeichnung BIODIGITOP II als " Pilotprojekt" für den politischen Bezirk Leibnitz beauftragt wurde.
4. Schrifttum
ASCHENBRENNER, J. (1994): Die großmaßstäbige Bild-Strichkarte als Grundlage für die Biotopkartierung im Alpenraum. In: FÜRNKRANZ, D., HEISELMAYER, P. & H. HINTERSTOISSER (Ed.): Kurzfassungen "1. Symposion Biotopkartierung im Alpenraum". Salzburg.
BAIER, W., TALKER, H. & A. ZIMMERMANN (1992): Projekt "Biodigitop" -Vom "Biotop" zum "Biodigitop". Mitt., 57: 1-8. (Bruck/Mur).
DURWEN, K. & W. ZEUGNER (1986): Umsetzung der Biotopkartierung mit Personal- Computern. Garten + Landschaft 9/86: 34-39.
HARTL, H. (1987): EDV-Auswertung der Biotopkartierung von Kärnten. Carinthia II, 97: 345-352.
KLÖTZLI, F. (1980): Ökologie in der Orts- und Regionalplanung. In: Ökologie in der Raumplanung. Dokum. Inform. Schweiz. Orts-, Regional- und Landesplanung (DISP), 59/60: 53-61.
OTTO, H. (1985): Die Biotopkartierung in der Steiermark und weiterführende Projekte. Schr. Reihe Österr. Inst. Raumplanung, Reihe B, 11: 89-96.
SCHLACHER, R., STELZL, M. & U. TRATTNIG (1993): Biotopkartierung Steiermark (Österreich). Revision der Kartierung naturräumlich hochwertiger Biotope. Natur und Landschaft, 68: 21-24.
SUKOPP, H. (1991): Ein neues Grundprogramm für die Biotopkartierung im besiedelten Bereich. Biotopkartierung im besiedelten Bereich. (Tagungs-Polykopie).
UMWELTBUNDESAMT (UBA, Hrsg.) (1987): Biotopkartierung - Stand und Empfehlungen. Wien.
WILDI, O. (1981): Grundgerüste eines Landschaftsdatensystems. Berichte (Eidgen. Anst. Forst. Versuchswesen), 233: 3-56 (+ Anhang).
WILMANNS, O., KRATOCHWIL, A. & F. KRÄMER (1978): Biotop-Kartierung in Baden- Württemberg, Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftspflege Bad.-Württ., 11: 101-205.
ZIMMERMANN, A. (1993): Biotopkartierung Steiermark: Bestimmungshilfen zur Erfassung wesentlicher Biotopmerkmale im Rahmen des Projektes "Biodigitop". Mitt. Abt. Bot. Landesmus. Joaneum Graz, 21/22: 95-116.
Anschrift der Verfasser:
Dr. Arnold ZIMMERMANN Hilmteichstr. 77 A-8010 Graz
Dr. Herwig TALKER Fischergasse 9/45 A-8010 Graz