Rückblick 3. Steirische EQUAL CARE DAY-Konferenz 2025
„Care-Arbeit im Wandel: Herausforderungen und Lösungen für eine zukunftsfähige Gesellschaft“

Am 28. Februar 2025 fand die Equal Care Day-Konferenz in der Steiermark statt - der Aktionstag für mehr Sichtbarkeit, Wertschätzung und eine faire Verteilung von Sorgearbeit! Sorgearbeit wird oft als ein schwerer, einsamer Weg beschrieben, der Menschen an ihre Grenzen führt und von vielen Herausforderungen begleitet wird.
Der EQUAL CARE DAY setzt sich dafür ein, diesen Weg sichtbarer und wertgeschätzter zu machen, indem er jährlich auf die Missstände in der Sorgearbeit aufmerksam macht. Der Tag soll helfen, Stolpersteine zu beseitigen und die Fürsorgearbeit aus der Unsichtbarkeit zu holen. Die Steiermark ist dabei als erstes Bundesland in Österreich ein wichtiger Vorreiter, um für eine gerechtere und sichtbare Pflege- und Sorgearbeit zu sorgen. In Deutschland wurde der Equal-Care-Day am 1. März (Samstag) mit einer Fülle von Veranstaltungen und Aktionen begangen.
Die diesjährige Konferenz in Graz stand unter dem Titel „Care-Arbeit im Wandel: Herausforderungen und Lösungen für eine zukunftsfähige Gesellschaft".
Das war der Equal Care Day 2025 in der Steiermark:
Thema der Vorträge und Diskussionen waren gesellschaftliche und demografische Veränderungen, wie die älter werdende Bevölkerung, welche zu einem höheren Bedarf an Care-Arbeit führen. Neue Familienformen und veränderte Erwartungen in den Familien beeinflussen außerdem, wie die unbezahlte Care-Arbeit inzwischen anders verteilt wird. Um diesen Bedarf langfristig zu decken, sind Strategien nötig, die Care-Arbeit fairer verteilen und die gesellschaftliche Anerkennung fördern. Digitalisierung, soziale Medien und Ökonomisierung verändern die Care-Arbeit, indem sie neue Arbeitsmodelle bieten, aber auch die Arbeitsbedingungen in Care-Berufen schwieriger machen können.
Eine Übersicht und kurze Beschreibung aller teilnehmenden Organisationen finden Sie im Programmheft.
Auch die fliegenden Reporter*innen von Radio Helsinki waren dabei. Es gibt einen Radio-Beitrag zur Steirischen Equal Care Day-Konferenz 2025. Die Sendung vom 7. März 2025 kann als Podcast HIER nachgehört werden.


Ein wichtiger Punkt der Konferenz war wie immer der Marktplatz! Am Marktplatz waren insgesamt 28 Organisationen mit Ständen voller Informations- und Anschauungsmaterial vertreten. Die Möglichkeit, sich auszutauschen und zu vernetzen wurde wie in den vergangenen Jahren auch mit Freude genutzt.





Keynote
Das Leben ins Zentrum stellen: Care-Arbeit umfairteilen für eine zukunftsfähige Wirtschaft
Corinna Dengler ist Assistenzprofessorin am Department für Sozioökonomie der Wirtschaftsuniversität Wien. Ihre Forschung verknüpft Feministische Ökonomie und Ökologische Ökonomie, wobei sie sich insbesondere mit der Bedeutung von Care in der sozial-ökologischen Transformation beschäftigt.
Die Keynote von Corinna Dengler thematisierte, welche aktuellen globalen Einflüsse die Sorgearbeit verändern. Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, wie sehr der Wohlstand von bezahlter und unbezahlter Care-Arbeit abhängt. Der Übergang zu einer Wirtschaft, die Fürsorge in den Mittelpunkt stellt, ist jedoch schwierig. Seit 2016 weist der Equal Care Day auf die ungleiche Verteilung unbezahlter Care-Arbeit hin und zeigt, dass die Auslagerung von Care-Arbeit entlang globaler Sorgeketten intersektionale Ungleichheiten verstärkt. Um Care gesellschaftlich gerechter zu verteilen, braucht es Zeitgerechtigkeit, die positive Effekte auf Klima und Gesundheit hat. Doch welche politischen Maßnahmen fördern eine gerechte Care-Verteilung und wie müsste ein Wirtschaftssystem aussehen, das Care und das Leben statt Wachstum und Profite priorisiert? Und was können wir aus den Debatten über die „Nachhaltigkeit des Lebens" in Lateinamerika und Spanien für eine sozial-ökologische Transformation lernen?
Die Folien finden Sie HIER.
Versorgung im Wandel: Geschlechtergerechte Care-Arbeit in der alternden Gesellschaft
Der demografische Wandel wird oft als Belastung für soziale und wirtschaftliche Strukturen betrachtet. Dieser Vortrag von Katharina Mader hinterfragt diese Sicht und plädiert für eine Sozialpolitik, die Care-Arbeit wie Kinderbetreuung und Pflege in den Mittelpunkt stellt. In einer alternden Gesellschaft werden solche Angebote immer wichtiger, doch wer übernimmt bereits die meiste bezahlte und unbezahlte Care-Arbeit? Wie kann sie gerechter zwischen den Geschlechtern verteilt werden, um Solidarität und soziale Gerechtigkeit zu fördern?
Katharina Mader, Chefökonomin des Momentum Instituts, beschäftigt sich in ihrer Forschung mit Feministischer Ökonomie, Care-Ökonomie und unbezahlter Arbeit sowie Finanz- und Wirtschaftspolitik.
HIER können Sie die Präsentation finden.
Arbeitsmigrant*in, unsichtbar, unverzichtbar: „24h“ Personenbetreuer*innen als Stütze der häuslichen Pflege für ältere Menschen in Österreich
Die Migration im Gesundheits- und Pflegebereich wird angesichts der globalen Care-Krise immer wichtiger. Silvia Wojczewski beleuchtet in ihrem Vortrag die Arbeitsbedingungen in der häuslichen Langzeitspflege. In der Langzeitpflege stammen fast alle Personenbetreuerinnen, auch als 24h-Betreuung bekannt, aus osteuropäischen Ländern wie Rumänien oder der Slowakei. Sie pendeln alle vier Wochen zwischen ihrem Herkunftsland und Österreich und arbeiten oft unter prekären Bedingungen in österreichischen Haushalten. Diese Arbeitsmigrantinnen sind unverzichtbar für die Pflege älterer Menschen in Österreich, während ihre eigenen Familien im Heimatland meist von anderen (weiblichen) Verwandten betreut werden. Wie können ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen verbessert werden? Diese Frage wird im partizipativen Forschungsprojekt MigraCare untersucht, das in diesem Vortrag vorgestellt wird.
Silvia Wojczewski ist Sozial- und Kulturanthropologin und arbeitet als Postdoc am Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Thema Migration, Geschlecht und Gesundheit.
Zu den Folien geht es HIER.
Hausfrau im Trend? - Rollenbilder und Identitätsangebote zwischen Wandel und Persistenz
Seit Jahren fordern Feminist*innen die Anerkennung von Care-Arbeit als echte Arbeit und eine gerechtere Verteilung der Aufgaben. Sie wollten sich von der Rolle der Hausfrau befreien, wie Mariarosa Dalla Costa 1978 schrieb. Aber was bedeutet das heute?
Der Input von Cari Maier untersuchte, welche Rollenbilder und Identitäten heute mit Care-Arbeit verbunden sind. Es ging darum, wie verschiedene Akteur*innen Care-Arbeit darstellen und ob sich traditionelle Geschlechterrollen verändert haben. Ist die Hausfrau durch soziale Medien wieder im Trend, den alle Menschen gleich nachleben können? Welche Form von Care-Arbeit wird durch den Hashtag #tradwife in den Vordergrund gerückt? Und wie wird Care-Arbeit genutzt, um verschiedene Perspektiven politisch zu gestalten?
Cari Maier studierte Politikwissenschaft und Sozioökonomie an der Universität Wien, Sciences Po Bordeaux sowie der Wirtschaftsuniversität Wien und forscht zu Feministischer Theorie, Sorge und Care, Gewalt und Femi(ni)ziden.
HIER finden Sie die Präsentation.
Who cares? Familien zwischen alten Geschlechterrollen und neuen Vorstellungen
Die traditionelle Rollenverteilung - „Männer arbeiten, Frauen kümmern sich um Kinder und Haushalt" - ist weitgehend überholt. Trotzdem gibt es immer noch keine gleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit. Wo stehen österreichische Familien heute? Der Vortrag von Caroline Berghammer zeigte, wie sich die Einstellungen zu Geschlechterrollen und unbezahlter Arbeit in den letzten 30 Jahren verändert haben. Er untersucht die Lücke zwischen Erwartungen und tatsächlicher Arbeitsteilung und fragt, ob jüngere Generationen die „Gender-Revolution" vorantreiben.
Caroline Berghammer leitet seit 2025 die Forschungsgruppe „Familie und Arbeitsmarkt" am Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Zuvor war sie am Institut für Soziologie der Universität Wien tätig.
Zur Präsentation geht es HIER.
Podiumsdiskussion
Vertreter*innen aus Politik, Wirtschaft, Praxis und Gesellschaft kommen zu einer Diskussion über die Frage zusammen: „Wie wirkt sich gesellschaftlicher Wandel auf die Verteilung von Care-Arbeit aus? Welche Lösungsansätze gibt es dafür?". Diskutiert wurden Perspektiven und Lösungsansätze für die Herausforderungen der Care-Arbeit im Kontext des gesellschaftlichen Wandels mit Praxisbeispielen aus den verschiedenen Wirkungsbereichen der Podiumsgäste.
Am Podium waren:
- Silvia Karelly, Landtagsabgeordnete und Bürgermeisterin der Gemeinde Fischbach
- Birgit Meinhard-Schiebel, Präsidentin der Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger
- Gabriele Lechner, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Steiermark
- Dženana Pupić, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlerin, Universität Graz, Zentrum für interdisziplinäre Alters- und Care-Forschung (CIRAC)
Entschuldigt:
Sylvia Gassner, stellvertretende Landesvorsitzende von vida und Fachbereichsvorsitzende Soziale Dienste Gewerkschaft vida Steiermark
Kunst und Care
Ergänzt wurde das Tagungsprogramm durch zwei Beiträge zum Thema häusliche 24-Stunden-Betreuung und Migration.
Christine Teichmann ist eine bekannte Grazer Kabarettistin und Poetry Slammerin. Im Programm "UNTERHALTUNG - ein Sozialdebattl" sucht die fiktive Teichmann eine Pflegekraft für ihre Großmutter und beleuchtet die Arbeitsbedingungen von 24h-Betreuerinnen in einem ausbeuterischen System, ohne eine Spur von Selbstkritik. Beim Equal Care Day zeigte Christine Teichmann Ausschnitte aus diesem Programm.
Nähere Informationen zur Künstlerin und weitere Termine des Kabaretts finden sie hier: Christine Teichmann




Die Ausstellung HILFSLINIEN widmet sich der Arbeit legaler Personenbetreuer*innen. Sie verfolgt ihre Migrationswege und zeigt, wie die 24-Stunden-Betreuung in der Praxis aussieht. Dabei gibt sie Einblicke in die Arbeitsinhalte, beleuchtet die Arbeitsbedingungen und thematisiert Probleme des Systems der häuslichen Betreuung. HILFSLINIEN wurde mit aktiver Beteiligung von Betreuungskräften entwickelt.
Teile der Ausstellung HILFSLINIEN wurden am Equal Care Day in Zusammenarbeit mit der Kuratorin Christine Braunersreuther gezeigt.
Hier geht es zur Website der Ausstellung: Hilfslinien bzw. dem
Ausstellungs-PDF.
Ein herzliches DANKESCHÖN
Das Team der Fachabteilung Gesellschaft, Referat Familie, Erwachsenenbildung und Frauen möchte sich herzlich bei allen Mitwirkenden vor Ort, auf und hinter der Bühne sowie für die Unterstützung durch das deutsche ECD-Organisationsteam bedanken. Gemeinsam können wir auf einen spannenden und erfolgreichen Equal Care Day 2025 zurückblicken. Wir hoffen, dass der Equal Care Day allen Teilnehmen Mut gemacht und das nötige Wissen vermittelt hat, um weiterhin auf die gerechte Verteilung von Care-Arbeit hinzuarbeiten.
Wir freuen uns schon aufs nächste Jahr!