Reform der Sozialhilfeverbände
Reform der Sozialhilfeverbände durch ein Sammelgesetz inkl. Steiermärkisches Sozial- und Pflegeleistungsfinanzierungsgesetz (StSPLFG)
Die „Agenda Weiß-Grün" vom Dezember 2019 sieht als politisches Ziel der Koalition von ÖVP und SPÖ für die XVIII. GPLT vor, das „System der Kostentragung im Sozialwesen über die Sozialhilfeverbände unter Einbeziehung der Prüfungsergebnisse des Rechnungshofes zu evaluieren".
Im Bericht des Rechnungshofes (Reihe BUND 2022/14) zum Thema „Funktion und Aufgaben der Sozialhilfeverbände in der Steiermark - Schwerpunkt Sozialhilfeverband Murtal" sah der Rechnungshof „die zersplitterte Organisation zwischen Bezirkshauptmannschafen und Sozialhilfeverbänden, die Transferverflechtungen insbesondere zwischen dem Land Steiermark und den Sozialhilfeverbänden einerseits und die Mitfinanzierung des Sozialbereichs durch die Gemeinden andererseits sowie die fehlende Recht- und Ordnungsmäßigkeit der Aufgabenwahrnehmung durch die Sozialhilfeverbände und ihre Geschäftsstellen als die wesentlichen Hindernisse für eine einfachere, ressourcenschonende und ordnungsgemäße Gewährung und Verwaltung von Sozialleistungen in der Steiermark."
Er empfahl daher „die Zweckmäßigkeit von Sozialhilfeverbänden im Hinblick auf die Zersplitterung der Leistungsabwicklung im Sozialbereich durch die Sozialhilfeverbände als Verrechnungs- und Auszahlungsstellen, die Bezirkshauptmannschafen als Geschäftsstellen und das Land Steiermark als leistungszuerkennende Stelle kritisch zu hinterfragen. Die Organisation im Sozialbereich in der Steiermark sollte künftig auf eine effiziente und rechtmäßige Aufgabenwahrnehmung abstellen, mit dem Ziel der klaren Aufgabenzuordnung, der Zusammenführung der Zuerkennung und Abwicklung der Leistungen sowie der Entflechtung der Finanzierungsströme. Eine geeignete Form der Einbindung der Gemeinden im Hinblick auf ihre Mitfinanzierung des Sozialbereichs wäre anzustreben".
Die Interessensvertretungen der steirischen Gemeinden haben in der Diskussion zur Auflösung der Sozialhilfeverbände angeregt, den bisherigen Kostenbeitrag der Gemeinden für das Sozial- und Pflegewesen künftig nicht bezirksweise, sondern landesweit durchzurechnen. Einer landesweiten Durchrechnung (wie in anderen Bundesländern ohne Sozialhilfeverbände) lag die Annahme einer gerechteren Verteilung dieser Lasten auf alle Gemeinden zugrunde, da derzeit vor allem durch die zufällige örtliche Lage wirtschaftlich benachteiligte Gemeinden bei der bezirksweisen Berechnung einen überproportional höheren Anteil an diesen Kosten zu tragen hätten.
Zur (finanz-)verfassungsrechtlichen Aufarbeitung dieser Problemstellung hat das Land zwei Gutachten in Auftrag gegeben (Karl-Franzens-Universität Graz, Ehrke-Rabel, Beurteilung des Gestaltungsspielraums des Landesgesetzgebers bei einer landesweiten anstelle einer bezirksweisen Durchrechnung des Kostenbeitrages der Gemeinden nach § 21 Abs. 15 Sozialhilfegesetz iVm § 3 Abs. 2 F-VG (Sozialhilfeumlage) unter Beachtung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes" und TU Wien, Getzner/Bröthaler/Neuhuber, Verteilung der Sozialhilfeumlage, Untersuchung einer gerechten Verteilung der Kostenbeiträge der Sozialhilfeumlage der steirischen Gemeinden). Beide Gutachten bestätigen die Ausgangsprämisse und kommen zum Ergebnis, dass eine landesweite Durchrechnung an Stelle der bisherigen bezirksweisen Durchrechnung eine gerechtere Lastentragung zwischen den Gemeinden bewirke.
Das Land hat die von den Interessensvertretungen vorgeschlagenen neuen Kostentragungsregelungen als eine Regelung finanzausgleichsrechtlichen Inhaltes gemäß § 2 F-VG mit den am Finanzausgleich beteiligten Gebietskörperschaften verhandelt. An diesen Verhandlungen haben für die Gemeinden deren Interessensvertretungen, das sind der Österreichischen Städtebund, Landesgruppe Steiermark sowie der Gemeindebund Steiermark, teilgenommen und der vorliegenden Regelung zugestimmt.
In der Folge wurde zwischen dem Gemeindebund Steiermark, dem Österreichischen Städtebund Landesgruppe Steiermark und dem Land Steiermark ein „Paktum über die Neuregelung der Kostenbeiträge der Gemeinden an Sozial- und Pflegeleistungen des Landes im neuen Sozial- und Pflegeleistungsfinanzierungsgesetz ab dem Jahr 2024" geschlossen.
Am 10. August 2023 brachte die Landesregierung Steiermark eine Regierungsvorlage zu einem „Gesetz, mit dem das Gesetz über die Finanzierung von Sozial- und Pflegeleistungen (Steiermärkisches Sozial- und Pflegeleistungsfinanzierungsgesetz - StSPLFG) erlassen und das Steiermärkische Sozialhilfegesetz, das Steiermärkische Behindertengesetz, das Steiermärkische Sozialunterstützungsgesetz, das Steiermärkische Kinder- und Jugendhilfegesetz, das Steiermärkische Gewaltschutzeinrichtungsgesetz, das Steiermärkische Pflegeheimgesetz 2003, das Steiermärkische Wohnbauförderungsgesetz 1993, das Gesetz über das Dienst- und Besoldungsrecht der Bediensteten des Landes Steiermark, das Gesetz über die Patientinnen-/Patienten- und Pflegevertretung (Patientinnen-/Patienten- und Pflegeombudsschaft) und das Steiermärkische Pflegeverbandsgesetz geändert werden" ein.
Materialien:
Regierungsvorlage
Gesetzestext
Vorblatt und Erläuterungen
Textgegenüberstellung
Gutachten KFUni Graz Sozial- und Pflegeumlage vom 6. Februar 2023
Stmk. Sozialhilfe - Endbericht TU Wien vom 26. Mai 2023
Paktum StSPLFG vom 10. August 2023