Wachtelkönig Ennstal
Einleitung und Aufgabenstellung
Das Vorkommen des Wachtelkönigs im steirischen Ennstal ist schon lange bekannt und gilt als eines der wichtigsten Vorkommen der Art im alpinen Raum. Es handelt sich dabei gewissermaßen um ein Reliktvorkommen, da die Art in historischer Zeit eine wesentlich weitere Verbreitung in den alpinen Tälern hatte, die meisten dieser Vorkommen aber inzwischen erloschen sind.
Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union und der damit verbundenen Geltung der Vogelschutzrichtlinie (RAT D. EUROP. GEM. 1979) auch für Österreich kam die Diskussion über die Ausweisung des steirischen Ennstals als Vogelschutzgebiet (Special Protection Area, SPA) gem. Art. 4(1) der Vogelschutzrichtlinie (VRL) auf. Seit das steirische Ennstal von BirdLife Österreich als Important Bird Area (IBA) nach den Kriterien von BirdLife International eingestuft und großflächig dargestellt wurde (DVORAK & KARNER 1995, HEATH & EVANS 2000), wird die Ausweisung des Ennstals als SPA in verschiedenen möglichen Abgrenzungen kontrovers diskutiert.
Angeheizt wurde diese Diskussion durch ein Vertragsverletzungsverfahren (Rechtssache C209/02), welches die Europäische Kommission auf der Grundlage einer Umweltbeschwerde wegen der Erweiterung des Golfplatzes bei Weißenbach b. Liezen angestrengt hatte. Dieses Vertragsverletzungsverfahren wurde mit Urteil des Europäischen Gerichtshofes gegen die Republik Österreich vom Januar 2004 abgeschlossen (EUGH 2004). Diesem Urteil ist unter anderem zu entnehmen, dass Österreich der Verpflichtung, im Ennstal ein SPA speziell für den Wachtelkönig auszuweisen, bisher nicht in ausreichendem Umfang nachgekommen ist.
Aus diesem Urteil ergab sich unter anderem die Verpflichtung, die nicht in ausreichendem Umfang auf ihre Verträglichkeit geprüften Golfbahnen zurückzubauen; dieses Verfahren konnte inzwischen auf der Basis einer erneuten Naturverträglichkeitsprüfung (TRAUTNER & MÜLLER 2005) abgeschlossen werden.
Die zweite Konsequenz des Urteils ist eine Erweiterung der bereits als SPA ausgewiesenen Flächen für den Wachtelkönig, da die Abgrenzung des Europaschutzgebietes Nr. 4 „Wörschacher Moss und ennsnahe Bereiche" als nicht ausreichend bewertet wurde.
Um eine fachlich begründete und hinsichtlich der zu verfolgenden Schutzzwecke ausreichende Abgrenzung ableiten zu können, sollte daher im vorliegenden Gutachten die Datenlage zum Wachtelkönig im steirischen Ennstal analysiert und ergänzt werden. Auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung der Datenlage und Schutzerfordernisse weiterer für das SPA relevanter Vogelarten (Uhu Bubo bubo, Wanderfalke Falco peregrinus, Karmingimpel Carpodacus erythrinus u.a.) sollte dann in einem zur Begleitung des lokalen Diskurses installierten Fachbeirat eine fachlich hinreichende Abgrenzung eines zusätzlich auszuweisenden SPA „Mittleres Steirisches Ennstal" (Europaschutzgebiet Nr. 41) erarbeitet werden, welches die schon ausgewiesenen Gebiete „Wörschacher Moos und ennsnahe Bereiche" und „Pürgschachenmoor" ergänzen soll.
Hinweise zur europarechts-konformen Umsetzung der Schutzverpflichtungen ergeben sich ergänzend aus einem inzwischen ergangenen Urteil in einem weiteren Vertragsverletzungsverfahren (Rechtssache C209/04) gegen Österreich (EUGH 2006), welches ebenfalls eine unzureichende Ausweisung von Schutzgebietsflächen für den Wachtelkönig - in diesem Falle in Vorarlberg - zum Gegenstand hatte.